Mein Smartphone ist meine Hausbank!

Ist die klassische Hausbank 2021 noch ein Fels in der Brandung… oder bloß noch bröckelnder Zement?

Lange Zeit waren Hausbanken mit ihren Einlagen, Krediten und anderen Kernleistungen nahezu unerschütterlich bei ihren Kund:innen verankert. Mit der Digitalen Transformation ändert sich dies. Laut Crealogix, einem Schweizer FinTech für Digital Banking, wird in weniger als zehn Jahren „nur noch jedes zweite Finanzprodukt in einer Filiale verkauft werden“.

Dies liegt mitunter an der Unterfinanzierung digitaler Themen!

Zwar haben fast alle Bankinstitute im vergangenen Jahrzehnt ihr Budget für Digitalisierungsprozesse aufgestockt. Allerdings besteht noch immer eine große Diskrepanz zwischen der Bewertung des bisher erreichten Fortschritts und der Bewertung der Wichtigkeit der Digitalisierung. Das Budget fließt in die Entwicklung eines digitalen Front-ends und in ein gutes Daten- und Dokumentenmanagement sowie in Marketing und Vertrieb, während die Middleware, das Back-end und die eigentlichen Vorzüge der Hausbank (z. B. die Anlageberatung, der Zahlungsverkehr oder die Finanzierung) vernachlässigt werden. Gleichzeitig wird der eigene Fortschritt maßlos überschätzt – oder voll Scham ausgeblendet.

Doch wie kann das sein? Ich habe da meine ganz eigene Theorie: Ähnlich wie ein Führerscheinneuling halten sich viele Banken an das, was sie einst eingetrichtert bekommen haben. Die Rede ist vom lebensrettenden Schulterblick. Doch der Schulterblick offenbart immer nur das Zurückliegende; das Vergangene; oder eben die schwächere Konkurrenz. Dabei wird die wichtigste Regel im Straßenverkehr vergessen: „Augen auf die Straße richten!“. Und die befindet sich vorne. Anstatt also zu vergleichen „Wer macht heute schon was – und wie können wir nachziehen?“ sollte die Frage lauten „Wo gehen wir heute hin und wo/wer wollen wir morgen sein?“.

Das Bankgeschäft wird von der Technologie dominiert.

Ohne IT-Systeme ist heute keine Auszahlung, Überweisung oder Kreditvergabe mehr denkbar. Hinzu kommt, dass Bankprodukte immer häufiger als ‚Commodity‘ betrachtet werden. Vergleichsportale und Suchmaschinen machen Finanz- und Versicherungsprodukte vergleichbar und über digitale Portale oder Börsen können Privatpersonen direkt selbst handeln oder Produkte abschließen. Multikanäle bzw. eine Omni-Kanal-Präsenz werden vorausgesetzt. Kund:innen entscheiden, wann und über welchen Kanal Bankgeschäfte erledigt werden. Die Filiale genießt hier keinen Schutz – sie muss Teil der Omnikanal-Strategie sein.

Das Smartphone wird zur Hausbank 2.0

Die meisten Kund:innen haben heute mehrere Konten bei mindestens zwei Banken. Was macht also eine Hausbank aus? Ist es eine Frage der räumlichen Nähe? Ist es eine Frage der Erziehung (die „Kindheitsbank“)? oder ist es eine Frage des Vertrauens? Ist es die Bank, auf die Gehaltszahlungen eingehen?

In meinen Augen ist eine Hausbank vor allem die erste Anlaufstelle für Bankkund:innen; ein Ort an dem man sich wohlfühlt und sich sicher zurücklegen kann. Aber wer sagt, dass dieser Ort physisch sein muss und nicht auch digital stattfinden kann?

Im mobile first-Zeitalter gibt es kaum etwas, das uns so nah ist wie unser Smartphone (bzw. Tablet). Wir vertrauen ihm buchstäblich unser Leben an; mich eingeschlossen: Ich behalte meinen Kontostand im Blick und überweise Geld via mobile banking Apps, bezahle im Laden und online via mobile payment Apps, investiere über mobile trading & investing Apps und informiere mich via moible browser, News Apps und Streaming Apps über aktuelle Kursbewegungen und Marktentwicklungen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal eine Bankfiliale betreten habe um mehr zu tun als Geld abzuheben (Ja, leider!!! akzeptiert mein lokaler Wochenmarktstand kein mPayment) oder für meine Bücher zu recherchieren…

Ich behaupte daher, dass das Smartphone, bzw. mobile Banking, für eine wachsende Anzahl von Kund:innen die klassische Filial-Hausbank nicht nur ergänzen, sondern vollständig ersetzen wird. Die klassische Filialbank muss also handeln, um ihre Relevanz bei Kund:innen zu erhalten und gleichzeitig langfristig die Rentabilität zu sichern.

In meinem neuen Buch „Bank 4.0“ gehe ich weiter auf diese These ein. Eines vorab: Die Lösung liegt NICHT in zusätzlichen (versteckten) Servicegebühren, sondern in einem zusätzlichen (echten) Mehrwert 😉

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