Gerade in Deutschland halten wir gerne an überholten Glaubenssätzen fest. Wir halten die „das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht“-Wand geradezu pedantisch aufrecht — stopfen, verputzen und verspachteln jeden noch so kleinen Riss. Die Corona-Pandemie war hier ein wichtiger Weckruf, denn sie hat uns gezeigt, dass wir eben nicht alles kontrollieren können.
Nicht nur digitale IT-Systeme, sondern auch Unternehmen, Mitarbeiter:innen und Schüler:innen werden zentralisiert betrachtet, verwaltet und gesteuert. Diese Weltsicht ist historisch gewachsen und hat ihre Wurzeln in den späten 1830er Jahren (Industrie 2.0). Mit der Einführung der Akkordarbeit am Fließband wurden Menschen benötigt die „funktionieren“. Um diese neue Arbeiterklasse „heranzuzüchten“ wurde ein neues Bildungssystem benötigt — das preußische Bildungssystem, dass auf absolutern Hierchien, (Leistungs-)Klassen und Stufen aufbaute und Kinder und Jugendliche in auf das 9-to-5-Leben (damals eher 9-9-6 / #996ICU) vorbereiten sollte.
Leider wird uns dieses System bis heute erst zu Hause, dann in der Schule, in der Ausbildung oder im Studium und später vom Berufsleben bis hin ins Altersheim vorgelebt.
Das Problem an diesem Vorgehen ist, dass zentralisierte Systeme in Wirklichkeit Chaos fördern und verbreiten. Sie sind nicht flexibel und agil genug, um mit der zunehmenden Komplexität zurechtzukommen (Stichwort: Digitaler Wandel und VUKA — Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz).
Neue Ansätze wie die Distributed Ledger Technologie (Blockchain), Cloudcomputing, Dataspaces oder die Holokratie brechen mit dem Glaubenssatz der zentralen Kontrolle und organisieren Informationen und Unternehmen dezentral und partizipativ.
Mit Blick auf die Bionik möchte ich sagen: In der Natur ist Zentralisierung eine Seltenheit. Eine Ausnahme sind z.B. Ameisen oder Bienen. Derartige absolute Monarchien funktionieren allerdings nur in sich geschlossenen und setzen darüber hinaus bedingungslosen Gehorsam sowie ein sehr stabiles Umfeld voraus. Ausseneinwirkungen, Stürme, Krisen oder innere Unruhen bedeuten hingegen schnell den Untergang der gesamten Kolonie… Nicht ohne Grund gibt es auf der Welt heute so kaum noch Monarchie, und wenn dann halten sie keine echte Kontrolle inne.
Ich denke, jetzt ist genau die richtige Zeit, um die Idee der absoluten Kontrolle zu verabschieden und Raum zu schaffen für agile, dezentrale, partizipative und inklusive Ansätze, Methoden und Systeme. Dabei müssen wir uns weder auf einzelne Supergenies aus der IT oder Physik verlassen, noch auf die Politik. Die Lösungen lebt uns die Natur bereits vor. Alles was wir brauchen ist die Bereitschaft, uns über unsere Branche und unseren Fachbereich hinaus auszutauschen.
///
In Bionic Wealth: Die nächste Generation der Vermögensanlage orientiert sich am Leben widme ich der nachhaltigen Geldanlage ein ganzes Kapitel und zeichne ein holistisches Bild von der Vereinbarkeit von Nachhaltigkeit, Digitalisierung und der Vermögensanlage.