Im Open Banking werden Finanzinstitute zum Teil eines Ökosystems, dass auf Austausch und Offenheit beruht.
Spätestens mit Eintreten der PSD2-Verordnung hat die Bank nicht mehr den Luxus, sich für oder gegen Open Banking zu entscheiden. Während viele klassische Bankhäuser bisher starke Zurückhaltung bei der Öffnung ihrer Strukturen und Angebote gegenüber Dritten gezeigt haben, sind andere Finanzdienstleister:innen seit langem aktiv: Gerade die FinTech- und Online-Banken, lange unterschätzt, sorgen nun für Preis- und Innovationsdruck im Banking und Payment-Geschäft. Einerseits waren diese Unternehmen auf das Zeitalter des Open Banking vorbereitet, lange bevor die Legislative ihnen den Weg geebnet hat. Andererseits sind sie sehr viel agiler aufgestellt als andere Banken, da sie weniger Angestellte und kein kostspieliges Filialnetz zu unterhalten haben.
Doch Open Banking geht längst über PSD2 hinaus. In Zukunft werden Finanzunternehmen nicht mehr allein bestehen können – oder wollen. Denn Kooperation und Coopetition (Zusammenarbeit und Synergien im Mehrwert-schaffenden Wettbewerb) sind nicht gleichzusetzen mit Kannibalisierung oder dem Einbüßen von Geschäftseinnahmen, sondern bieten die Möglichkeit, kosteneffiziente Synergien zu schaffen, zusätzliches Geschäft aufzunehmen und die eigene Position im Markt zu sichern.
Um mitzuhalten, ist es daher wichtiger denn je, dass etablierte Banken lernen, nutzerzentriert und digital zu denken — FinTechs tun es bereits. In Bank 4.0: Wie Digital Leader Gewinne steigern, Kosten senken und neue Ertragsquellen erschließen erfahren Sie, wie das funktioniert.
API-Schnittstellen sind der Schlüssel
APIs sind Programmierschnittstellen für das eigene digitale Ökosystem. Eine API (aus dem Englischen: Application Programming Interface) ist eine Programmierschnittstelle für Anwendungen externer Anbieter: Die API „ist ein Programmteil, der von einem Softwaresystem anderen Programmen zur Anbindung an das System zur Verfügung gestellt wird. Im Gegensatz zu einer Binärschnittstelle (ABI) definiert eine Programmierschnittstelle nur die Programmanbindung auf Quelltext-Ebene. Zur Bereitstellung solch einer Schnittstelle gehört meist die detaillierte Dokumentation der Schnittstellen-Funktionen mit ihren Parametern auf Papier oder als elektronisches Dokument.“ Einfach ausgedrückt können Programmierer:innen über APIs also auf Funktionen von externen Anwendungen oder Unternehmen zugreifen.
In der Privatwirtschaft sind APIs längst Standard. Ganz gleich ob Konzern oder Kleinstunternehmen: Wer heute eine Webseite betreibt setzt mit hoher Wahrscheinlichkeit APIs ein: Angetrieben von Internetbetreibern wie GAFA implementieren wir schon heute unzählige Zusatzfeatures via API. Ob Unternehmen den Facebook Messenger auf der Unternehmensseite als Kommunikationskanal einsetzen, unter ‚Kontakt und Anfahrt‘ Google Maps via API einbinden oder ihr Produkt via Amazon-Schnittstelle direkt zum Verkauf anbieten: Um die zentralen Internetplattformen entsteht so ein vernetztes Ökosystem, in welchem Marktführer eine produktive Symbiose mit Selbstständigen, Startups, FinTechs und etablierten Unternehmen eingehen.
Fast jede Funktion eines Unternehmens kann in Zeiten von Open Banking und API-Schnittstellen von externen Dienstleistern übernommen werden. Da die Digitalisierung eines Finanzinstituts kostspielig und zeitaufwendig ist, ist es selten tragbar, sowohl das Back-end als auch das Front-end selbst zu digitalisieren. Hinzu kommt, dass viele der Herausforderungen und Probleme, mit denen sich Finanzinstitute konfrontiert sehen, sich unternehmensübergreifend ähneln.
Nicht API-fähig zu sein ist birgt enormes Fehlerpotenzial. In der klassischen Vermögensverwaltung waren Excel, Fax, Telefon und E-Mail eigentlich nicht wegzudenken. Eine Order wird als Excel Sheet generiert. Anschließend schickt der/die Vermögensverwalter:in die Excel-Datei per Fax oder Mail and die ausführende Bank, oder gibt sie telefonisch durch. Die Position wird erst am nächsten Tag von der Bank geliefert. Modell-Portfolio-Rebalancing erfolgt dabei manuell. Das Problem an diesem Vorgang: Er ist wahnsinnig langwierig. Schlimmer noch, die Datenfeeds und zwei getrennte Systeme müssen permanent von Hand gepflegt werden. Aus heutiger Sicht kann dieser Ansatz nur als grob fahrlässig beschrieben werden, da er weder der steigenden Komplexität im Finanzmarktgeschäft gewachsen ist noch sicher ist für das Vermögen der Kund:innen.
Etwas modernere Vermögensverwaltungen sind in der Lage, über ein separates System zum Vermögensverwaltungs-Produktmanagement eine Order direkt bei der Bank einzugeben. Der Vorteil an diesem Ansatz ist, dass die Vermögensverwaltung direkt ans Kernbanksystem angebunden ist. Doch auch hier müssen weiterhin zwei Systeme abgeglichen werden: Das Rebalancing (Modellportfolio) wird im Kernbanksystem und im Portfoliomanagementsystem abgebildet. Das Banksystem rechnet aus, wie viele Positionen zu ver-/kaufen sind. Das Portfolio-System erhält dann die Information und pflegt diese per Datenfeed nach. Die Vermögensverwalter:innen erfahren allerdings auch in diesem Fall häufig erst am nächsten Tag im Portfoliomanagement-System, zu welchem Preis / Ordergebühren die Order final ausgeführt wurde.
Beide oben genannten Fallbeispiele sind nicht Schnittstellen-fähig und dadurch hoch anfällig für Fehler bei der Dateneingabe. Fehler, die im Zweifel das Vermögen Ihrer Kund:innen betreffen und Ihnen teuer zu stehen kommen. Fehler, die Sie sich nicht erlauben können. Während es im ersten Fall ohne Frage umfangreicher Modernisierungen im Front- und Back-end bedarf, könnte im zweiten Fall eine mögliche Antwort in der Integration von Middleware-Lösungen (folgt in Kapitel 18) liegen. Ein großer Vorteil der API-Fähigkeit wäre dann, dass die beiden Systeme (das der Vermögensverwaltung und das bei der Bank vorliegende) nicht mehr parallel manuell gepflegt werden müssten, sondern automatisiert und unter Einhaltung aller gesetzlichen Richtlinien und Risikoprüfungen sicher ablaufen würde. Gleichzeitig wäre der gesamte Ablauf theoretisch in Echtzeit möglich und würde dem/der Verwalter:in viel Zeit ersparen.